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Uneinigkeit bei der UNKeine Resolution zum Giftgas-Vorfall

Russland blockiert mit Veto Syrien-Resolution des UNO-Sicherheitsrates zum Giftgaseinsatz. Westliche Vetomächte lehnten Kompromiss ab.

Russlands stellvertretender UN-Botschafter Wladimir Safronkow legt sein sein Veto ein Foto: dpa

Genf taz | Zu einer unabhängigen Untersuchung des Giftgasvorfalls, bei dem am 4. April in der syrischen Stadt Chan Scheichun mindestens 87 Menschen getötet und rund 200 verletzt wurden, wird es vorläufig nicht kommen. Ein entsprechender Untersuchungsauftrag an die UNO-Organisation für das Chemiewaffenverbot (OPCW) durch eine Resolution des UNO-Sicherheitsrates in New York wurde am Donnerstagabend durch ein Veto Rußlands verhindert.

Für den von den drei westlichen Vetomächten USA, Frankreich und Großbritannien vorgelegten Resolutionsentwurf stimmten zehn Ratsmitglieder. Dagegen votierte neben Rußland auch das nichtständige Ratsmitglied Bolivien. Die Vetomacht China enthielt sich ebenso wie Kasachstan und Äthopien.

Damit stehen weiterhin zwei gegensätzliche Versionen im Raum: Die Trump-Administration in Washington behauptet unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse und Zeugenaussagen , ein syrisches Kampflugzeug habe am 4. April Bomben mit dem Giftgas Sarin auf Chan Scheichun abgeworfen. Dieser Version haben sich sämtliche westlichen Verbündeten der USA angeschlossen.

Die Regierungen in Moskau und Damaskus halten hingegen an der Version fest, wonach ein syrisches Kampfflugzeug bei dem Beschuß eines am Rande von Chan Scheichun gelegenen Waffenlagers des syrischen al-Qaida-Ablegers Dschabhat fatah al-sham auch ein zuvor nicht bekanntes Giftgasdepot dieser Gruppe getroffen habe. Danach seien die freigesetzten Giftgase durch den Wind in das Zentrum der Stadt getrieben worden.

Moskau sieht „antisyrische Tendenz“

Der stellvertretende russische UNO-Botschafter Wladimir Safronkow begründete sein Veto damit, der westliche Resolutionsentwurf habe eine „antisyrische Tendenz“. Der Entwurf beginnt mit einer „scharfen Verurteilung“ eines „Giftgasangriffs“ und übernimmt damit die westliche Version der Ereignisse vom 4. April.

Die Initiatoren der Resolution hätten „voreilige Schlüsse über die Verantwortung für einen mutmaßlichen Giftgasangriff gezogen“, kritisierte Safronkow.

Rußland hatte zudem Einwände gegen die Passage des Entwurfs, in dem die syrische Regierung aufgefordert wird, den Ermittlern der OPCW Flugpläne und Informationen über alle Luftoperationen am 4. April vorzulegen. Zudem sollen den Ermittlern die Namen der Kommandeure von Hubschrauberschwadronen genannt werden und sie Zugang zu Luftwaffenstützpunkten erhalten, von denen ein Angriff gestartet worden sein könnte.

Westliche Vetomächte gegen Kompromissentwurf

Warum diese Forderung an die syrische Regierung unzumutbar ist, führte der russische Vertreter zumindest in seinen öffentlichen Äußerungen vor der Abstimmung im Sicherheitsrat nicht aus.

Ein Kompromissentwurf ohne diese Passage, den die zehn nichtständigen Mitglieder des Sicherheitsrates bereits letzte Woche vorgelegt hatten, war auf Ablehung bei den drei westlichen Vetomächten gestoßen.

Trotz seines Vetos gegen den Resolutionsentwurf forderte der russische Botschafter anschließend vor Journalisten eine „sofortige und vollständige Untersuchung durch die OPCW“. Ähnlich äußerte sich in Moskau Aussenminister Sergey Lawrow anläßlich seines Treffen mit seinem US-Amtskollegen Rex Tillerson.

Das russische Veto war das achte gegen einen Resolutionsantrag im UNO-Sicherheitsrates zum Syrienkonflikt seit Herbst 2011. Mit Aufmerksamkeit wurde registriert, daß China zum zweiten Mal nicht ebenfalls ein Veto einlegte, sondern sich enthielt.

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4 Kommentare

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  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Der Vorfall muss aber darf nicht aufgeklärt werden. Russische Logik. Russischer Zynismus.

  • Russland macht sich nur noch lächerlich - völlig irrationales und unberechenbares Verhalten!

  • gut. die politischen konsequenzen - fehlend im artikel. die usa/nato hat also völkerechtswidrig almitten im s proivatre lynchjustiz syrien bombardiert.

     

    dabei traut sie erklärtemtodfeind al quadia nicht die durchtriebenheit zu, das giftgas den syrieren als veteidigung ud angriff gegen die syrische bevölkerung einer kaum zu haltenen stadt als verteidgung in die schuhe zu schieben u d wrtete auch keine untersuchung ab. erst schiessen,,dann erübrigt sich das fragen. niemand braucht da 99 luftballons für luftangriffe - wozu hatte man westernhweldpräsidenten zum double regime/sytemchange in russland?

  • "VLADIMIR K. SAFRONKOV (Russian Federation) said that, in the course of negotiations between his country’s Foreign Minister the Secretary of State of the United States, the Russian Federation had suggested a joint communication asking the OPCW Director-General immediately to put together an international mission to visit Khan Shaykhun and the Shayrat air base. The Secretary of State was considering that proposal, he said, adding that the whole gamut of issues would be discussed by OPCW on 13 April at The Hague. Putting the draft to a vote would serve no useful purpose, he emphasized."

    https://www.un.org/press/en/2017/sc12791.doc.htm

     

    Es ist schon fragwürdig, warum einen Tag vor der OPCW-Besprechung in Den Haag eine Resolution durch den Sicherheitsrat geboxt werden muss, wenn der Außenminister der USA erklärt, dass die Details einer unparteiischen Untersuchung erst bei dieser Besprechung diskutiert werden. Die OPCW-Untersuchung ist übrigens nicht an die UN Resolution gebunden.